Pressemeldung

IG Metall: Presse

30.07.2020 IG Metall-Kampagne gegen Stellenabbau zeigt Wirkung

  • Zitzelsberger: "Gute Zukunftsvereinbarungen sichern Beschäftigung im Südwesten und fördern Transformation, weitere müssen folgen"
  • Trotz schwächerer Zunahme der Arbeitslosigkeit noch keine Entwarnung der angespannten Situation

Stuttgart. "Solidarität gewinnt!" Unter diesem Motto wehren sich IG Metall und Beschäftigte in diesem Sommer landesweit gegen Sparpläne und Stellenstreichungen. Sie treten ein für sichere Arbeitsplätze und einen fairen Wandel in der Automobilindustrie. Denn trotz der leichten Besserung der Arbeitsmarktsituation sieht die IG Metall noch keine Entwarnung der angespannten Situation.

Aktionen wie Menschenketten mit Abstand (Bosch, Stuttgart), eine bundesweite Aktionswoche des Automobilzulieferers ZF, aber auch Kundgebungen (Bühl), Befragungen (Ulm), Eis-Wagen-Aktionen (Pforzheim) und betriebliche Ansprache-Aktionen (Heilbronn, Mannheim) zeigen ihre Wirkung: "Die ersten Erfolge der Kampagne sind sichtbar. Die zahlreichen Aktionen der Beschäftigten haben in vielen Betrieben unsere Verhandlungsposition gestärkt", freut sich IG Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger. Dank der Belegschaften, Betriebsräte und Gewerkschaft konnten bei großen Unternehmen wie ZF, Bosch und Daimler erste Vereinbarungen und Eckpunkte für den Erhalt der Arbeitsplätze erreicht werden. Im Ergebnis werden damit Zigtausende Arbeitsplätze über Jahre gesichert. "Diesem Beispiel müssen in den nächsten Wochen und Monaten weitere, auch kleinere Betriebe folgen", fordert Zitzelsberger.

Bei ZF in Friedrichshafen hat sich die IG Metall gemeinsam mit dem ZF-Gesamtbetriebsrat und der ZF Friedrichshafen AG auf ein Regelungspaket zur Bewältigung der Corona-Krise, Beschäftigungssicherheit bis 2022 und zur Begleitung der Transformation im Zuge des Mobilitätswandels geeinigt. Standortschließungen sind in diesem Zeitraum nicht möglich. Um eine verlorene Generation zu verhindern, regelt ein Tarifvertrag nicht nur die unbefristete Übernahme aller Auszubildenden und dual Studierenden, sondern auch, dass die Zahl der Auszubildenden auf dem jetzigen Niveau erhalten bleibt. "Ein Beispiel, das Schule machen sollte", erklärt Zitzelsberger.

Bei Bosch hat der Gesamtbetriebsrat mit Unterstützung der IG Metall durchgesetzt, dass die Corona-Krise durch Kurzarbeit und Arbeitszeitabsenkung abgefedert wird. Die Beschäftigten sind vor Kündigungen geschützt. In den Bereichen Entwicklung, Forschung, Vertrieb und Verwaltung haben Gesamtbetriebsrat und Unternehmen vereinbart, dass die Arbeitszeit um 8,57 bis 10 Prozent verringert wird, auf Basis des Tarifvertrags zur Beschäftigungssicherung (TV Besch) der IG Metall. Entsprechend sinkt auch das Einkommen, wobei Beschäftigte mit einer tariflichen Wochenarbeitszeit von höchstens 35 Stunden einen Teillohnausgleich in Form einer Aufstockung des Weihnachtsgelds erhalten. Die Gesamtbetriebsvereinbarung betrifft rund 35.000 Beschäftigte an neun Standorten in der Region Stuttgart.

Bei Daimler bleibt Beschäftigung bis 2030 gesichert. Das Unternehmen hat sich mit dem Gesamtbetriebsrat auf Arbeitszeitreduzierung von zwei Stunden und verpflichtender Wandlung des tariflichen Zusatzgeldes (T-Zug) in freie Tage geeinigt. Ein weiterer wichtiger Eckpunkt: Eine Qualifizierungsoffensive, um die Beschäftigten auf die Anforderungen der Transformation vorzubereiten. Die Vereinbarung wird durch einen entsprechenden Tarifvertrag flankiert.
Die getroffenen Zukunftsvereinbarungen bedeuten für die Beschäftigten vor allem Beschäftigungssicherheit, aber auch Einschränkungen. Zudem wird deutlich, dass die Unternehmen gerade in der Automobilindustrie die Transformation vorantreiben müssen. Entscheidend für die IG Metall ist dabei, dass kein Wettbewerb nach unten entlang von sozialen Standards und Arbeitsbedingungen entsteht und mit den Vereinbarungen eine nachhaltige Strategie für eine elektrifizierte Zukunft festgeschrieben wird: "Wir rechnen damit, dass im Zuge der Transformation einige Arbeitsplätze technologisch bedingt wegfallen werden. Umso mehr kommt es darauf an, heutige Beschäftigte für die Aufgaben von morgen zu qualifizieren und Sicherheit im Wandel anzubieten. Auch dazu enthalten die Vereinbarungen vielversprechende Ansätze", sagt Zitzelsberger.

Perspektiven entwickeln, Zukunft gestalten

Nach Informationen der IG Metall planen weitere Betriebe in der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie Sparprogramme, Verlagerungen, Stellenabbau oder Schließungen. Einige davon schieben die Corona-Krise vor, um hausgemachte Probleme zu lösen und langgeplante Sparprogramme umzusetzen. Ziel der IG Metall ist es, Zukunft mitzugestalten und gemeinsam mit den Belegschaften Perspektiven für alle deutschen Standorte zu entwickeln. Neben der Mitbestimmung bieten Tarifverträge, Tarifbindung und Betriebsräte dazu die Grundvoraussetzungen, um mit den Arbeitgebern aus einer starken Position heraus zu verhandeln. Zitzelsberger: "Die Transformation gelingt nur mit sicheren und guten Arbeitsplätzen und dafür werden wir auch in allen anderen Betrieben weiter kämpfen."

Bei der Bewältigung der Krise sind neben der IG Metall und den Arbeitgebern auch die Politik gefordert. Große Sorge bereitet Zitzelsberger die Situation der Familien bei der Kinderbetreuung und das Auslaufen des Kurzarbeitergelds. Die IG Metall Baden-Württemberg fordert Steuererleichterungen für coronabedingte Arbeitszeitverkürzungen, Qualifizierungsoffensiven sowie weitere Investitionen in Infrastruktur, um die Wirtschaft anzukurbeln. "Die Politik muss nachlegen, um die Last der Corona-Krise für die Menschen abzufedern", betont Zitzelsberger.

Letzte Änderung: 30.07.2020