Pressemeldung
- Jetzt Kurzarbeit und Qualifizierung stärker miteinander kombinieren
- Bezirksleiter Roman Zitzelsberger: "Arbeitgeber setzen eher einseitig auf Sparprogramme statt die Beschäftigten für die Transformation zu qualifizieren."
- Politik, Unternehmen und IG Metall gemeinsam gefordert - Pakt für Qualifizierung auf den Weg bringen
Stuttgart. In den baden-württembergischen IG Metall-Branchen dominiert weiterhin die Corona-Krise das Wirtschaftsgeschehen. Dies ergab eine Umfrage unter Betriebsräten der IG Metall Baden-Württemberg. Eine Mehrheit von 59 Prozent der Betriebe bewertet die aktuelle Lage als schlecht beziehungsweise sehr schlecht. Aber längst nicht alle Betriebe sind vom Corona-Einbruch hart getroffen: Immerhin 19 Prozent bewerten die Lage als gut beziehungsweise sehr gut. Auch bewerten 22 Prozent der Betriebe die aktuellen Auftragseingänge als gut beziehungsweise sehr gut. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese positive Tendenz bei den Bestellungen im weiteren Jahresverlauf verstetigen wird. Die Mehrheit der Betriebe schaut derweil pessimistisch auf die nächsten drei Monate, die Aussichten werden mehrheitlich als schlecht (46,8 Prozent) beziehungsweise sehr schlecht (10,8 Prozent) gewertet. Eine dem gegenüber kleinere Gruppe sieht eine normale Entwicklung (21,8 Prozent) und weitere 16,8 Prozent sehen gute und 3,9 Prozent sogar sehr gute Zukunftsaussichten.
Angesichts des schwierigen gesamtwirtschaftlichen Umfelds geht eine Mehrheit von 64 Prozent der Betriebe davon aus, dass Kurzarbeit in den nächsten Monaten weiterhin Anwendung finden wird. Mit Sorge erfüllt die IG Metall Baden-Württemberg, dass viele Betriebsräte von angestrebtem Personalabbau berichten. Zwar meldet immerhin noch jeder fünfte Betrieb anstehende Neueinstellungen, allerdings ist der Anteil der Betriebe mit angestrebtem Personalabbau deutlich größer: In nahezu jedem zweiten Betrieb (49 Prozent) ist Personalabbau bei befristet Beschäftigten angestrebt, bei unbefristet Beschäftigten berichtet fast jeder dritte Betriebsrat (31 Prozent) von entsprechenden Abbauplänen.
Sparprogramme statt Zukunftsvisionen
Eine Mehrheit der Betriebe (64 Prozent) steht laut Einschätzungen der Betriebsräte vor Sparprogrammen, in nur 27 Prozent der Betriebe ist dies nicht der Fall und 9 Prozent können dies nicht einschätzen. Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg: "Bei allem Verständnis für die angespannte Situation vieler Unternehmen springen viele Arbeitgeber zu kurz, wenn sie in erster Linie die alten Sparprogramme aus dem Keller hervorholen. Zukunftsvisionen hingegen suchen wir oft vergebens." Auch die Betriebsräte der IG Metall Baden-Württemberg stellen in ihrer Umfrage fest, dass die Betriebe die Beschäftigten zu wenig auf die Transformation vorbereiten. Ihr Fazit: Nur sehr selten wird Kurzarbeit mit Qualifizierung verbunden. Lediglich in einem Fünftel der Betriebe wird Kurzarbeit für Weiterbildung und Qualifizierung genutzt.
Qualifizierungsplanung? Schlechte Noten für Arbeitgeber
Eine Mehrheit (61,2 Prozent) der Betriebsräte hält die Qualifizierungsplanung des Unternehmens für "eher nicht" ausreichend. Erhoben wurde auch, ob die Qualifizierungsangebote auch neue Anforderungen an den Arbeitsplatz umfasst. Eine knappe Hälfte der Betriebe (46,5 Prozent) spricht hier von "teilweise".
Aus Sicht der IG Metall kann es bei der fehlenden Verbindung von Kurzarbeit mit Qualifizierung nicht um vorschnelle Schuldzuweisungen gehen. Allerdings ist die Zeit mehr als reif, die weiteren, von Kurzarbeit geprägten Monate, klug zu gestalten. Zitzelsberger: "Arbeitgeber, Politik und IG Metall sind jetzt gefordert, dass die Beschäftigten die Kurzarbeit für Qualifizierung und Weiterbildung nutzen können. Die Beschäftigten müssen für die Transformation vorbereitet werden, Qualifizierung ist die Grundlage. Nur so kann die Krise, die auch viele strukturelle Schwächen der Betriebe ans Tageslicht bringt, bewältigt werden." Entsprechend wirbt die IG Metall in den Betrieben für eine Offensive für Qualifizierung. Gleichzeitig mahnt die Gewerkschaft eine aktivere Rolle der Landespolitik in puncto Qualifizierung als Transformationsstrategie an.
Hintergrund: Das Stimmungsbarometer der IG Metall Baden-Württemberg erfasst regelmäßig Einschätzungen zur wirtschaftlichen und beschäftigungspolitischen Lage der Betriebe im Land. Dazu befragt die IG Metall Betriebsräte und Vertrauensleute aus Betrieben im gesamten Organisationsbereich der Gewerkschaft. Regelmäßig nehmen zwischen 200 und 250 Betriebe an der Lagebeurteilung teil.
Letzte Änderung: 23.07.2020