Pressemitteilung der IG Metall
Pressemitteilung 19/2017
16. Mai 2017
Stuttgart. Der überwiegende Teil der Beschäftigten in Baden-Württemberg ist mit seiner Arbeitssituation zufrieden - insbesondere in Betrieben, in denen Tarifverträge gelten und sich Betriebsräte aktiv um Arbeitszeit-Themen kümmern. Allerdings arbeitet mehr als die Hälfte der Beschäftigten länger als vertraglich vereinbart; zwei Drittel würden ihre tatsächliche Arbeitszeit gerne reduzieren.
Dies gehört zu den zentralen Ergebnissen der Beschäftigtenbefragung 2017, an der sich allein in Baden-Württemberg knapp 180.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beteiligt haben. IG Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger: "Das sind nochmal 30.000 Beschäftigte mehr als bei der Befragung 2013. Die Beschäftigten in den IG Metall-Branchen geben uns damit klar den Auftrag, ihre Arbeitsbedingungen besser zu machen." Dies sei umso bemerkenswerter, da fast 80.000 Rückmeldungen von Nicht-Mitgliedern stammen. Bundesweit haben sich an der Befragung Anfang dieses Jahres rund 680.000 Menschen aus 7000 Betrieben beteiligt, in Baden-Württemberg kamen vergleichsweise viele Rückmeldungen aus Großbetrieben sowie von Beschäftigten aus Forschung- und Entwicklung.
Obwohl im Südwesten 90 Prozent mit ihrer Arbeitszeit ganz oder zumindest teilweise zufrieden sind, macht sich fast jeder dritte Beschäftigte Sorgen um seinen Arbeitsplatz. Zudem gibt es eine Reihe von Faktoren, die unter bestimmten Beschäftigtengruppen für große Unzufriedenheit sorgen. Dazu gehören zum Beispiel überlange Arbeitszeiten, keine Planbarkeit der Arbeit sowie ständiger Leistungsdruck.
Dagegen sind Beschäftigte zufriedener, wenn sich Betriebsräte aktiv um ihre Belange kümmern, ihre gewünschte Arbeitszeit der tatsächlichen entspricht und sie die Möglichkeit haben, die Arbeitszeit auch mal
zeitweise abzusenken. "Die hohe Zufriedenheit ist einerseits Ausdruck einer bisher schon erfolgreichen Arbeitszeitpolitik von Betriebsräten und IG Metall - allerdings zeigt die Befragung deutlich, an welchen Stellen es noch
dringenden Verbesserungsbedarf gibt", so Zitzelsberger. Ein paar Beispiele:
Arbeitszeit und -dauer: Knapp 28 Prozent der Beschäftigten in Baden-Württemberg haben überlange Arbeitszeiten (über 40 Stunden). Mehr als jeder Zweite fühlt sich zunehmend gehetzt und unter Zeitdruck, jeder
Sechste kann seine Arbeitszeit nicht planen. Für nahezu jeden Zweiten ist die 35-Stunden-Woche Wunscharbeitszeit, zwei Drittel würden gern kürzer arbeiten als sie es tatsächlich tun. 45 Prozent müssen zumindest
gelegentlich am Samstag arbeiten, 20 Prozent am Sonntag.
Schichtarbeit: Beschäftigte in Schichtarbeit sind unzufriedener mit ihren Arbeitszeiten als der Durchschnitt, von ihnen wird besonders viel Flexibilität verlangt. Deshalb wünschen sich 85 Prozent der Schichtarbeiter selbst
über die Lage ihrer Freischichten bestimmen zu können - eine solche Wahl haben aktuell aber nur rund 52 Prozent. Die Kombination von Wochenend- und Schichtarbeit sorgt für besonders hohe Unzufriedenheit.
Mobile Arbeit: Jeder vierte Beschäftigte darf heute von einem Arbeitsplatz außerhalb des Betriebs arbeiten, 43 Prozent aller Beschäftigten befürworten mobiles Arbeiten. Allerdings klagen überdurchschnittlich
viele Beschäftigte, die mobil arbeiten, über überlange Arbeitszeiten. Das gleiche gilt für Beschäftigte im Außendienst.
Zitzelsberger: "Die Befragung zeigt, dass es einen großen Bedarf an persönlichen Freiräumen und an Ausgleichen für Belastungen gibt. Dabei geht es nicht darum, zeitliche Flexibilität für die Unternehmen einzuschränken. Als Gegenleistung wünschen sich aber 97 Prozent der Beschäftigten kurzfristig Freizeit nehmen zu können."
Die IG Metall Baden-Württemberg wird die Ergebnisse der Beschäftigtenbefragung nun auf betrieblicher Ebene sowie mit ihren Tarifkommissionen diskutieren. Unter anderem auch die Frage, inwiefern sich daraus eine Tarifforderung für die nächste Metall- und Elektrotarifrunde 2018 ableiten lässt.
Den Arbeitgebern empfiehlt Zitzelsberger, den Bedürfnissen der Beschäftigten nach mehr Zeitsouveränität offen gegenüber zu stehen: "Momentan tut Südwestmetall so, als gäbe es keinerlei Flexibilitätszugeständnisse der Beschäftigten. Das Gegenteil ist richtig. Trotzdem fordern die Arbeitgeber immer noch mehr von den Beschäftigten - wollen im Gegenzug aber nur dann auf deren Zeitbedürfnisse eingehen, wenn sie sich noch flexibler zeigen und noch länger arbeiten. 180.000 Beschäftigte in Baden-Württemberg haben in der Befragung klar gesagt, dass das mit ihnen nicht zu machen ist."
Letzte Änderung: 19.05.2017