Pressemitteilung der IG Metall
Pressemitteilung 8/2017
22. Februar 2017
Stuttgart. Der Umbruch in der Automobilindustrie in Baden-Württemberg nimmt konkrete Formen an. Ab 2018 werden Diesel, die nicht die Abgasnorm Euro 6 erfüllen, bei Feinstaubalarm aus der Landeshauptstadt ausgesperrt. Zudem entscheiden Hersteller und Zulieferer sukzessive darüber, welche Standorte für die Produktion der künftigen elektrisch betriebenen Automobilgeneration ausgebaut werden. "Die Sicherung der Arbeitsplätze ist gerade in der Zeit des Wandels mehr denn je unser Auftrag", sagte Bezirksleiter Roman Zitzelsberger anlässlich der Tagung "Zukunft Auto" der IG Metall Baden-Württemberg. Dort haben sich am Mittwoch rund 50 Gewerkschafter aus Automobil-Regionen im Südwesten ausgetauscht.
Beim Aufbruch in Richtung Elektromobilität kommt es aus Sicht der IG Metall darauf an, die Auswirkungen auf die Zahl und Qualität der Arbeitsplätze zu berücksichtigen. Häufig geht die öffentliche Debatte um den Technologiewandel mit pauschalen Aussagen gewaltiger Einbrüche bei der Beschäftigung einher. Das drückt die Stimmung. "Wir beobachten eine zunehmende Unsicherheit in den Betrieben. Wenn Elektromobilität und Digitalisierung gelingen sollen, müssen die Fragen der Beschäftigten jetzt beantwortet werden", fordert Zitzelsberger.
Auf der Automobil-Tagung haben sich die Gewerkschafter mit Experten über technologische Veränderungen informiert und Strategien zur Sicherung von Beschäftigung und Standorten beraten. Franz Loogen, Geschäftsführer der Landesagentur für Elektromobilität und Brennstoffzellentechnologie e-mobil BW, zeigte sich zuversichtlich, dass es gelingt, viele Arbeitsplätze vor Ort zu halten. Dazu müssten zwei Fragen beantwortet werden: "Welche Produkte mit Zukunftsperspektive stellen wir her und wie sehen die Arbeitsprozesse dazu aus? Neue Produkte werden dann Erfolg haben, wenn sie wirklich energieeffizient und schadstoffarm sind und für internationale Märkte mit steigender Urbanisierung gedacht werden. Entwicklungs- und Arbeitsprozesse müssen schneller und wandlungsfähiger werden."
Vernetzung, Car-Sharing, autonomes und elektrisches Fahren - das sind laut dem früheren Daimler-Forschungs- und Entwicklungschef Professor Thomas Weber die Mobilitätstrends der Zukunft. "Die Welle an Elektro-Fahrzeugen kommt, es weiß nur keiner wann." Aufgabe von Herstellern wie Daimler sei es, Fahrzeuge zu bauen, die nicht nur schadstoffarm, sondern auch "hochemotional, alltagstauglich und bezahlbar sind". Die Auswirkungen auf die Beschäftigung würden schon heute gemeinsam mit allen Partnern diskutiert, Horrorszenarien seien angesichts der langen Übergangsphase zu alternativen Antrieben aber verfehlt. Weber: "Jetzt kommt es darauf an, durch neue Partnerschaften zwischen Herstellern, Zulieferern, aber auch Startups, die Innovationskultur und -geschwindigkeit zu steigern. Dies ist für die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Baden-Württemberg die beste Zukunftsvorsorge."
Die IG Metall im Südwesten nutzt ihre Verankerung in den Betrieben für Bestandsaufnahmen in der Automobilindustrie und angrenzenden Branchen. "Von Mannheim bis zum Bodensee werden wir genau hinschauen, was auf die Betriebe zukommt", so Zitzelsberger. Zeitgleich schreibt die Gewerkschaft die sogenannte ELAB-Studie von 2012 fort. Die betrieblichen Lageeinschätzungen will die IG Metall zu einer automobilen Landkarte zusammenführen, die Aufschluss über Handlungsdruck, Innovationsfähigkeit der Standorte und Zukunftsfähigkeit der Beschäftigung geben soll. Auf dieser Basis soll dann mit den Unternehmen und Beschäftigten, aber auch mit der Politik über die Herausforderungen der Branche beraten werden.
In diesem Zusammenhang begrüßt die IG Metall die Absicht der Landesregierung, sich für die Zukunft der Automobilindustrie zu engagieren. "Wichtig ist, die verschiedenen Aspekte von der Technologie über die wirtschaftliche Stärke bis zur Beschäftigung gemeinsam im Blick zu behalten. Wir schlagen vor, die Kompetenzen in einem landesweiten Transformationsbeirat zum Wandel der Automobilindustrie zu bündeln", sagte der IG Metall-Landeschef.
Im Rahmen ihrer Initiative "Zukunft Auto Baden-Württemberg" beobachtet die IG Metall vielfältige Aktivitäten der Branche - dazu zählt neben der Elektrifizierung des Antriebsstrangs und der Digitalisierung der Produktionen auch das Entstehen von neuen Einheiten und Geschäftsfeldern. Dies gelinge am besten "mit Betriebsräten, Mitbestimmung und Tarifverträgen", so Zitzelsberger. Die Ansiedelung neuer Einheiten außerhalb des Tarifvertrags werde die IG Metall nicht akzeptieren. In der Automobilindustrie in Baden-Württemberg arbeiten aktuell rund 230.000 Beschäftigte in 340 Betrieben.
Letzte Änderung: 22.02.2017