Pressemitteilung der IG Metall
Pressemitteilung 1/2017
4. Januar 2017
Stuttgart. Neun von zehn Betriebsräten in den Branchen der IG Metall halten das Arbeitszeitgesetz mit den Grundnormen des 8-Stunden-Tages und der 11-stündigen Ruhezeit für "sehr wichtig" oder "wichtig". In zwei Dritteln der Betriebe kommt es immer wieder mal zu Verstößen gegen die vorgeschriebene Ruhezeit zwischen Arbeitsende und -beginn. Zu diesem Ergebnis kommt das aktuelle Stimmungsbarometer der IG Metall Baden-Württemberg.
Als kritisch bewerten die Betriebsräte, dass Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz für Unternehmen oftmals folgenlos bleiben. Deshalb sollten Unternehmen stärker dazu verpflichtet werden, auf die Einhaltung zu achten. Dazu gehört insbesondere auch, geleistete Arbeit verbindlich zu erfassen. Zudem sollten die Aufsichtsbehörden häufiger kontrollieren und enger mit den Betriebsräten zusammenarbeiten.
Diese Anforderungen der Betriebsräte müssen bei der anstehenden Neuorganisation des Arbeitsschutzes in Baden-Württemberg berücksichtigt werden. Im Koalitionsvertrag hat sich die grün-schwarze Landesregierung für eine solche Neuorganisation ausgesprochen. "Gerade weil die Digitalisierung die Arbeitswelt rasant verändert, muss der Schutz der Gesundheit der Beschäftigten gestärkt werden. Ein besserer Arbeitsschutz im Land ist dafür eine wichtige Grundlage", sagt Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg.
Das Stimmungsbarometer erfasst regelmäßig Einschätzungen zur wirtschaftlichen und beschäftigungspolitischen Lage der Betriebe in Baden-Württemberg. Dazu befragt die IG Metall Betriebsräte und Vertrauensleute aus rund 200 Unternehmen im gesamten Organisationsbereich der Gewerkschaft. Angesichts des kürzlich vom Bundesarbeitsministerium vorgelegten "Weißbuch Arbeiten 4.0" wurde die Umfrage im Dezember 2016 um eine Einschätzung zur Bedeutung des Arbeitszeitgesetzes ergänzt.
Zitzelsberger: "Die Ergebnisse zeigen eindeutig, dass wir auch in Zukunft ein Arbeitszeitgesetz brauchen, um die Beschäftigten und ihre Gesundheit vor überlangen Arbeitszeiten zu schützen. Auch wenn mehr Menschen mobil und vernetzt arbeiten, verlieren die klassischen Normen des 8-Stunden-Tages und der 11-stündigen Ruhezeit nicht ihre Notwendigkeit."
Um den vielfältigen Bedürfnissen der Beschäftigten in der Arbeitswelt 4.0 Rechnung zu tragen, könnten die geltenden Regelungen im Rahmen von betrieblichen und tariflichen Vereinbarungen angepasst und entsprechend erweitert werden. Solche zeitlich befristeten Experimentierräume zu Wahlarbeitszeiten schlägt auch Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles in ihrem Weißbuch vor.
Im aktuellen Stimmungsbarometer regen die Betriebsräte zudem mehr Mitbestimmung bei der Personalbemessung an - Personalknappheit ist ihrer Einschätzung nach eine der Hauptursachen für zu langes Arbeiten und den anhaltend hohen Leistungsdruck. Zudem solle den Beschäftigten ein "Recht auf Nichterreichbarkeit" eingeräumt werden, um Arbeits- und Privatleben besser vereinen zu können.
Die IG Metall setzt sich im Zuge ihrer aktuellen Arbeitszeitkampagne für Arbeitsmodelle ein, die den Beschäftigten größere Flexibilität und mehr Selbstbestimmung ermöglichen. Im Mittelpunkt stehen unter anderem Möglichkeiten zur Arbeitszeit-Absenkung in bestimmten Lebensphasen sowie bessere Bedingungen für langjährige Schichtarbeiter. Darüber hinaus strebt die IG Metall zusätzliche Regelungen für mobiles Arbeiten an - wie etwa das Recht auf Nicht-Erreichbarkeit. 2018 könnten solche Arbeitszeitthemen in der Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie eine Rolle spielen.
Letzte Änderung: 10.01.2017