Einigung in Brasilien
Um 08:00 h Ortszeit hatten sich die Beschäftigten des brasilianischen Nutzfahrzeug-Produktionswerks heute vor dem Werkstor versammelt. Wenig später stimmten sie dem Maßnahmenpaket zu, das dort von Gewerkschaftern und Betriebsräten - u.a. WEC-Vorsitzender Michael Brecht - vorgestellt wurde. Die Leitung von Mercedes-Benz do Brasil und die zuständige Automobilarbeitergewerkschaft CNM/CUT hatten dazu unter Hochdruck verhandelt und am Wochenende eine Einigung erzielt. Dies war nur durch den entschlossenen Protest unserer brasilianischen Kolleginnen und Kollegen möglich und vor dem Hintergrund einer Welle internationaler Solidarität. Die Belegschaft war nach Versendung der 1.500 Kündigungsschreiben durch das Unternehmen am 24.August in den Streik getreten. Die vergangene Woche war geprägt von riesigen Demonstationen und Kundgebungen.
Die wichtigsten Punkte:
- Die Arbeitszeit der Beschäftigten aufgrund der Absatzkrise um 20 % reduziert - es wird also in einer 4 Tagewoche gearbeitet.
- Die dadurch entstehenden Entgeltverluste werden durch die Anwendung des neuen brasilianischen Kurzarbeitsgesetzes zur Hälfte vom Staat ausgeglichen. Die Beschäftigten müssen daher eine Kürzung ihrer Entgelte um 10 % verkraften - das entspricht etwa der Größenordnung, die die deutschen Beschäftigten während der Krise 2009 zu tragen hatten.
- Dafür stehen die Beschäftigten von Sao Bernardo do Campo bis August 2016 unter Kündigungsschutz.
- Vereinbart wurde auch, dass der bereits vereinbarte Inflationsausgleich für nächstes Jahr in Höhe von 10 % nur zur Hälfte in die Entgeltstruktur eingeht, die andere Hälfte erfolgt als Einmalzahlung.
Die wichtigste Botschaft aber ist: die 1.500 Kündigungen werden - wie von Arbeitnehmervertretern weltweit gefordert - zurückgenommen.
Michael Brecht, Vorsitzender der Weltarbeitnehmervertretung der Daimler AG: "Wir sind sehr erleichtert, dass Unternehmensleitung und Gewerkschaft in Brasilien eine Einigung am Verhandlungstisch erzielen konnten und somit das Schlimmste abgewendet wurde. Die bereits ausgesprochenen 1.500 Kündigungen werden - wie von uns gefordert - zurückgenommen. Der jetzt vereinbarte Kompromiss sieht vor, dass die tiefe derzeitige Wirtschaftskrise in Brasilien mit ähnlichen Instrumenten überwunden wird, wie wir sie in Deutschland während der Krise 2009 angewendet haben. Und auch die Akteure sind die gleichen: Gewerkschaft und Betriebsrat, die Unternehmensleitung und der Staat. Gut, dass nun auch in Brasilien alle an einem Strang ziehen, um die Menschen vor Arbeits- und Aussichtlosigkeit zu schützen und ihre Zukunft zu sichern."
Letzte Änderung: 01.09.2015