Bundesregierung stärkt Betriebsräte
Dazu hat das Engagement von Metallerinnen und Metallern entscheidend beigetragen. Die IG Metall wird die Mitbestimmung auch im Bundestagswahlkampf zum Thema machen.
Auf diese Einigung haben Betriebsräte und Gewerkschaften lange gewartet: Seit Monaten ringen Union und SPD um das "Betriebsrätemodernisierungsgesetz". Nun der Durchbruch: Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf beschlossen. Jetzt muss das Gesetz noch durch den Bundestag.
Die Zeit für das Vorhaben wurde zuletzt immer knapper. Kurz vor Weihnachten hatte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) seinen Entwurf für ein "Betriebsrätestärkungsgesetz", wie der Gesetzentwurf ursprünglich hieß, vorgelegt. Seitdem blockierte die Union das weitere Verfahren. Um die Mitbestimmung noch in dieser Wahlperiode zu stärken, musste die Bundesregierung den Konflikt dringend beilegen.
"Es war ein langer, steiniger Weg zur Verabschiedung des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes durch das Kabinett. Nun ist hier ein guter Teil geschafft, darüber sind wir sehr froh", sagt Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall. "Unsere Wertschätzung gilt dem Einsatz von Minister Heil, der gezeigt hat, dass ihm der Schutz von engagierten Beschäftigten ein ernsthaftes und ehrliches Anliegen ist. Nichtsdestotrotz: Hier ist noch Luft nach oben. Die IG Metall wird sich auch politisch weiter dafür einsetzen, dass Mitbestimmungsrecht und Betriebsratsarbeit weiterentwickelt werden, um eine wirksame Interessensvertretung in der sich rasant verändernden Arbeitswelt möglich zu machen."
Schutz für Initiatoren von Betriebsratswahlen
Besonders wichtig: Künftig gibt es für die Initiatoren von Betriebsratswahlen einen Kündigungsschutz. "Demokratie, Mitbestimmung, Schutz von Beschäftigten - all das leben Betriebsrätinnen und Betriebsräte jeden Tag. Dass sie und Beschäftigte, die einen Betriebsrat gründen wollen, nun gesetzlich mehr Schutz und Unterstützung erfahren sollen, begrüßt die IG Metall sehr", sagt Christiane Benner, Zweite Vorsitzender der IG Metall. Die Verabschiedung des Gesetzes durch das Kabinett sei ein erster Schritt in die richtige Richtung. "Vor allem der verbesserte Schutz für Wahlinitiatorinnen und -initiatoren, gerade im Vorfeld von Wahlen, ist ein Erfolg, aber er ist leider nicht umfassend genug."
Der Kündigungsschutz war der Knackpunkt des Konflikts innerhalb der Regierung. Mit diesem Vorhaben geht Heils Gesetzentwurf über den Koalitionsvertrag hinaus. Angesichts der betrieblichen Realität ist ein solcher Kündigungsschutz aber dringend geboten. Eine Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung zeigt, dass jede sechste Neugründung eines Betriebsrats behindert wird. Immer wieder werden Beschäftigte entlassen oder psychisch drangsaliert, wenn sie einen Betriebsrat gründen wollen. Deshalb ist es gegenüber dem ursprünglichen Referentenentwurf des Bundesarbeitsministeriums eine Verschlechterung, dass nach dem Kabinettsentwurf bei außerordentlichen Kündigungen von Wahlinitiatorinnen und -initiatioren kein besonderer Schutz über ein vorheriges Zustimmungserfordernis des Arbeitsgerichts mehr vorgesehen ist.
Es sei deshalb zu befürchten, dass immer noch Betriebsratsgründungen scheitern werden, "weil ewiggestrige Arbeitgeber Beschäftigte unter Druck setzen, bis hin zur ungerechtfertigten Kündigung", so Christiane Benner. Die IG Metall wird deshalb genau beobachten, ob das Gesetz die mit ihm verbundenen Zielsetzungen in der Praxis erfüllt. Und für die Zeit nach der kommenden Bundestagwahl orientiert sie auf deutlich umfangreichere gesetzliche Veränderungen. "Mitbestimmung ist unverzichtbar für die soziale Gestaltung der Veränderungen durch Digitalisierung und neue Technologien. Deshalb ist die weitere Modernisierung der Betriebsratsrechte dringend geboten. Die IG Metall fordert deshalb in ihrer "Initiative Mitbestimmung" wirksame Mitbestimmung für Standortperspektiven und bei der Qualifizierung von Beschäftigten: Betriebsrätestärkung ist Demokratiestärkung."
Mitbestimmung auf die Agenda gesetzt
IG Metall und Betriebsräte haben das Thema über Wochen vorangetrieben und sich für ein wirksames Gesetz eingesetzt.
Die IG Metall wird die Mitbestimmung auch zum Thema im Bundestagswahlkampf machen - und darüber hinaus, zur Betriebsratswahl 2022. Dafür steht unsere Initiative Mitbestimmung. Das Betriebsrätemodernisierungsgesetz ist dabei nur ein Etappenziel. Das Betriebsverfassungsgesetz braucht eine Runderneuerung.
Unter anderem will die IG Metall erreichen, dass Betriebsräte auch bei Themen wie Qualifizierung, mobilem Arbeiten oder dem Einsatz künstlicher Intelligenz bessere Mitbestimmungsrechte erhalten. Im Gesetzentwurf gibt es zu diesen Punkten Verbesserungen. Allerdings sind diese nicht ausreichend, sie gehen nicht weit genug.
Die Unternehmensmitbestimmung will die IG Metall ausbauen. Heißt: Die Arbeitnehmerseite soll bereits in Unternehmen ab 1000 Beschäftigten die Hälfte der Aufsichtsratsposten besetzen. Bisher gilt das erst bei Unternehmen ab 2000 Beschäftigten.
Nur mit einem Plus an Mitbestimmungsrechten können Betriebsräte und Beschäftigte die Transformation der Industrie wirksam mitgestalten - und damit die Zukunft von Arbeitsplätzen und Standorten sichern.
Letzte Änderung: 16.04.2021