Tarifabschluss in NRW
500 Euro Corona-Prämie netto gibt es im Juni für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie. Auszubildende erhalten einmalig 300 Euro. Im Juli erhöhen sich die Entgelte um 2,3 Prozent. Das Geld wird jedoch angespart und im Februar 2022 in Summe als "Transformationsgeld" in Höhe von 18,4 Prozent des Monatsentgelts ausbezahlt. Der Tarifvertrag läuft bis zum 30. September 2022. Dann kann die IG Metall wieder über Entgelterhöhungen verhandeln.
Das Transformationsgeld bleibt jedoch dauerhaft als weitere jährliche Sonderzahlung und erhöht sich 2023 auf 27,6 Prozent des Monatsentgelts. Zur Sicherung von Arbeitsplätzen können Betriebe in Krisen das Transformationsgeld auch in Freizeit umwandeln. Dadurch kann die Arbeitszeit dauerhaft verkürzt werden, ohne das Monatsentgelt zu kürzen. In Verbindung mit anderen Tarifelementen wie den freien Tagen aus dem 2019 eingeführten tariflichen Zusatzgeld (T-ZUG) ist auch eine 4-Tage-Woche möglich.
Zur Sicherung der Zukunft hat die IG Metall Rahmenregeln für Zukunftstarifverträge in den Betrieben durchgesetzt, in denen etwa Zielbilder, Personalbedarf und Qualifizierung für die Arbeit der Zukunft ausgehandelt werden .
"Meilenstein": Tarifverträge auch für dual Studierende
Erstmals hat die IG Metall in NRW durchgesetzt, dass dual Studierende, die eine Ausbildung im Betrieb absolvieren, in die Tarifverträge einbezogen werden. Für sie gilt etwa nun auch die Übernahme nach der Ausbildung. "Ein Meilenstein", meint Knut Giesler, Verhandlungsführer und Bezirksleiter der IG Metall Nordrhein-Westfalen.
Diesen Tarifabschluss hat die IG Metall in Nordrhein-Westfalen in den frühen Morgenstunden mit dem Arbeitgeberverband Metall NRW ausgehandelt. Nun muss noch die Tarifkommission dem Verhandlungsergebnis zustimmen. In den anderen Tarifgebieten werden IG Metall und Arbeitgeber in den kommenden Tagen über die Übernahme des Pilotabschlusses aus Nordrhein-Westfalen verhandeln.
Über die Angleichung der Arbeitsbedingungen im Osten - auch eine Forderung der Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie - hat die IG Metall Nordrhein-Westfalen nicht verhandelt. Die IG Metall kann eine solche Forderung nur in einem betroffenen Tarifgebiet aufstellen und durchsetzen. Im Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen wird die IG Metall darüber in den kommenden Wochen weiter verhandeln und Druck machen.
Der erste Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann, fordert die regionalen Arbeitgeberverbände zu einer schnellen Übernahme auf. "Dazu gehört auch, dass die offenen regionalen Fragen gelöst werden. Dies betrifft etwa die Angleichung der Stundenentgelte in den ostdeutschen Tarifgebieten."
Mit Warnstreiks Arbeitsplätze und Einkommen gesichert
Mit dem Tarifabschluss konnte die IG Metall in all ihren Forderungspunkten neue oder verbesserte Tarifregelungen für die Beschäftigten durchsetzen - und damit Beschäftigung, Zukunft und Einkommen sichern. Fast eine Million Beschäftigte haben dafür in den vergangenen vier Wochen mit Warnstreiks Druck gemacht. Täglich legten in den letzten drei Wochen durchschnittlich 24 000 Menschen in der Metall- und Elektroindustrie ihre Arbeit kurzfristig nieder.
"Dieser Tarifabschluss bietet tragfähige Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit: auf die akuten Probleme infolge der Coronapandemie ebenso wie auf die strukturellen Herausforderungen, die die Transformation für unsere Branchen mit sich bringt," erklärte Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall am Dienstagmorgen in Düsseldorf.
"Inmitten einer der schwersten Krisen in der Geschichte der Bundesrepublik haben wir erreicht, dass die Krisenfolgen fair verteilt und nicht einseitig bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern abgeladen werden. Es ist uns gelungen, die Einkommen der Beschäftigten zu stabilisieren und Arbeitsplätze zu sichern. Das ist zunächst eine Frage der Gerechtigkeit. Wir stärken damit aber auch die Nachfrage und stützen somit die gesamtwirtschaftliche Entwicklung."
Geld - oder Zeit für dauerhafte Beschäftigungssicherung
Den Transformationsbetrag von 18,4 Prozent - ab 2023 dann 27,6 Prozent eines Monatsentgelts - können Betriebe je nach wirtschaftlicher Lage einsetzen. Betriebe, denen es gut geht, zahlen das Geld an die Beschäftigten aus. Betriebe, denen es schlecht geht, wandeln das Geld in mehr Freizeit für die Beschäftigten um, verkürzen dadurch die Arbeitszeit und sichern damit Arbeitsplätze.
Eine solche Wahlmöglichkeit zwischen Geld oder Zeit hatte die IG Metall bereits 2018 mit dem "Tariflichen Zusatzgeld" (T-ZUG) geschaffen. Beschäftigte können individuell wählen zwischen Geld - oder Zeit: bis zu acht freie Tage, die viele Beschäftigte nutzen, um mehr freie Zeit für sich und ihre Familien zu haben.
In der Corona-Krise haben viele Betriebe die T-ZUG-Tage auch kollektiv zur Sicherung von Arbeitsplätzen genutzt. Mit dem neuen Transformationsentgelt kommt nur eine weitere kollektive Geld-Zeit-Option für Betriebe dazu.
In Verbindung mit weiteren Tarifelementen können Betriebe dadurch nun die Arbeit auf bis zu vier Tage in der Woche verkürzen, ohne dass das monatliche Entgelt der Beschäftigten gekürzt wird - und das ohne zeitliche Begrenzung, anders als bei der Kurzarbeit oder den bisherigen Tarifverträgen zur Beschäftigungssicherung, die zeitlich begrenzt sind. Damit können Betriebe nun auch eine längere Transformation überbrücken - etwa den Umstieg auf Elektroautos.
IG Metall gestaltet durch Zukunftstarifverträge mit
Mit den neuen Rahmenregeln für Zukunftstarifverträge können IG Metall und Betriebsräte erstmals auch die Initiative bei der Gestaltung der Zukunft ergreifen.
In Zukunftstarifverträgen handelt die IG Metall Investitionen in den Standort, in zukunftsfähige Produkte und in die Arbeit der Zukunft aus. Bisher jedoch gelang das in der Regel erst dann, wenn der Betrieb bereits in der Krise ist und der Arbeitgeber wegen Personal- und Tarifkürzungen auf Betriebsräte und IG Metall zukommt. Jetzt jedoch können IG Metall und Betriebsräte bereits vor einer Krise eingreifen und den Arbeitgeber zu Verhandlungen über die Zukunft auffordern.
Arbeitgeber ziehen Nullrunde und Tarifkürzungen zurück
Dass die Tarifverhandlungen in der größten Wirtschaftskrise nach dem Zweiten Weltkrieg hart werden, war klar. Doch der Druck der Warnstreiks hat Wirkung gezeigt. Die Arbeitgeber haben ihre Forderung nach einer Nullrunde ohne Entgelterhöhung im Jahr 2021 ebenso vom Tisch nehmen müssen, wie die automatische Absenkung von Tarifen nach betrieblichen Kennzahlen.
Zuvor hatten die Arbeitgeber immer wieder betont, dass es nichts zu verteilen gebe. Erst wenn die Kennzahlen wieder das Niveau von vor der Krise erreichen - frühestens 2022 - sei wieder mehr Geld drin. Nun gibt es doch Geld schon 2021.
Quelle: IG Metall
Letzte Änderung: 30.03.2021