Lieferkettengesetz nicht verwässern
In Berlin wird um das Lieferkettengesetz gerungen. Die IG Metall und Betriebsräte von über 40 Unternehmen machen Druck mit einer Erklärung. Arbeit muss schon am Anfang eines Produkts sicher, fair und umweltschonend sein. Egal, wie weit weg die Fabrik ist.
Der Vorsitzende des Daimler-Gesamtbetriebsrats, Michael Brecht, ist einer der Verfechter des Lieferkettengesetzes. "Daimler gehört zu den Erstunterzeichnern des UN Global Compact. Damit haben wir uns bereits vor 20 Jahren verbindlich zu Menschenrechten, Umweltschutz und gegen Ausbeutung und Kinderarbeit positioniert. Diese Punkte sind für mich nicht verhandelbar und aktueller denn je. Daher begrüße ich auch die Initiative für ein Lieferkettengesetz bei uns in Deutschland. Als Teil der stärksten Volkswirtschaft in Europa ist es auch bei Daimler unsere Pflicht, dass Geschäftsbeziehungen innerhalb definierter moralischer, ethischer und ökologischer Leitplanken ablaufen."
Gemeinsame Erklärung von IG Metall und Betriebsräten
Michael Brecht und die Konzernbetriebsräte von über 40 großen Unternehmen wie Airbus, Audi, Bosch, BMW, Ford, Lear, MAN, Porsche, Schaeffler, Siemens, ThyssenKrupp, Volkswagen und ZF haben sich jetzt in einer gemeinsamen Erklärung der IG Metall eindeutig für das Lieferkettengesetz positioniert. "Wir fordern die Bundesregierung auf, dem deutschen Bundestag ein Lieferkettengesetz vorzulegen, das für alle in Deutschland tätigen Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten gilt und das die Unternehmen dazu verpflichtet:
- bei ihren Geschäften im Inland wie im Ausland menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfalt in der gesamten Lieferkette walten zu lassen.
- der Größe und der Schwere der Menschenrechtsverletzungen und des Umweltschadens angemessene Maßnahmen zu ergreifen
- und die Einhaltung der Sorgfaltspflicht zu dokumentieren."
Darüber hinaus müsse das Lieferkettengesetz die Missachtung der Sorgfaltspflichten an wirksame Sanktionen, wie den Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen und die Verhängung von Bußgeldern, knüpfen, erklären die Betriebsräte zusammen mit IG Metall.
Gewerkschaften und Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen pochen seit Langem darauf, Unternehmen für Schäden an Mensch und Umwelt in ihren Lieferketten haftbar zu machen. Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall betont: "Es kann nicht sein, dass nur ein kleiner Teil der Unternehmen die Vorgaben entlang der Lieferkette einhält. Menschenrechte, Umweltstandards und besonders auch die Rechte von Beschäftigten und ihren Vertretern, den Gewerkschafter*innen gehören jederzeit geachtet. Umfassend definierte Eckpunkte vorzulegen und festzuhalten, kann und sollte auch die Basis für Regelungen auf europäischer Ebene sein, die die IG Metall bereits seit einiger Zeit einfordert."
Wirtschaft hat ihre Chance vergeigt
Noch ist nicht klar, ob im politischen Tauziehen in Berlin das geplante Gesetz verwässert wird. Auf der einen Seite stehen Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Sie wollen Unternehmen mit einem Lieferkettengesetz in die Pflicht nehmen, nachdem sich freiwillig zu wenig tut. Nicht zuletzt die Folgen der Corona-Pandemie haben gezeigt, wie ungeschützt die Frauen und Männer am Beginn von Lieferketten sind, weil keine Smartphones mehr zusammengebaut und keine Kleider mehr genäht wurden. Widerstand gegen das Gesetz kommt aus dem Wirtschaftsministerium. Minister Altmaier glaubt, die Unternehmen nicht noch belasten zu können. Weitere Auflagen seien der Wirtschaft nicht zuzumuten.
Wolfgang Lemb, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall macht dagegen deutlich: "Gerade die momentane Situation zeigt die Wichtigkeit von stabilen Lieferketten. Diese Stabilität muss Hand in Hand mit Fairness und Verantwortung gegenüber Menschen und Umwelt gehen. Wenn versäumt wird, jetzt klar zu handeln, werden auch wir als Gesellschaft, national und international, die Folgekosten zahlen."
Letzte Änderung: 14.09.2020