Stellungnahme des Gesamtbetriebsrats
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in der Wochenendausgabe der Stuttgarter Nachrichten wurde ein Daimler internes Papier des Personalbereichs zitiert, in dem unter anderem stehen soll, wie Führungskräfte möglichst schnell und erfolgreich
Ausscheidungsgespräche mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern abschließen.
Es gehe darum, die Trennungsabsicht unmissverständlich zu kommunizieren und jeden Eindruck zu vermeiden, dass es Spielraum gebe. Außerdem sollen die Gespräche innerhalb von 15 Minuten möglichst beendet sein. Wenn das Angebot nicht angenommen werde, sollen es die betroffenen Kolleginnen und Kollegen im beruflichen Umfeld schwer haben und es drohen gar negative Auswirkungen in der Leistungsbeurteilung.
So nicht!
Nach wie vor gelten zwei unverrückbare Fakten, die wir mit der Unternehmensleitung vereinbart haben:
1. Es gilt die Gesamtbetriebsvereinbarung zu Projekt Zukunft mit dem Fokus auf die Zukunftssicherung bis Ende 2029 - darin ist geregelt, dass bis dahin betriebsbedingte Beendigungskündigungen ausgeschlossen sind. Außerdem werden durch die vereinbarte Transformationszusage allen, deren Funktionen im Zuge der Transformation wegfallen sollen, alternative Beschäftigungsmöglichkeiten angeboten.
2. Für indirekte und Verwaltungsbereiche: Die Gesamtbetriebsvereinbarung "Move" regelt glasklar, dass bei Ausscheidungen grundsätzlich die doppelte Freiwilligkeit gilt. Niemand muss gehen!
Durch Druckaufbau wird eine rote Linie übertreten
Sollte die Berichterstattung vom Wochenende inhaltlich stimmen, stellt das die bisher gute Zusammenarbeit mit der Unternehmensleitung auf eine Bewährungsprobe. Die Unternehmenswerte und die Kampagne zum Thema "Respekt" werden damit
in Frage gestellt. Wir werden es nicht zulassen, dass Führungskräfte zusammen mit Vertretern aus dem Personalbereich Druck aufbauen und Sie solchen Gesprächen schutzlos ausgeliefert sind.
Vertrauen Sie sich Ihrem Betriebsrat an! Sollten Sie zu Ausscheidungsgesprächen eingeladen werden, beziehen Sie Ihren Betriebsrat mit ein.
Wir lassen es nicht zu, dass die Corona-Krise zu einer Vertrauenskrise bei Daimler wird.
Momentan ist es oberstes Gebot, Liquidität im Unternehmen zu halten und besonnenes Krisenmanagement zu beweisen. Daher sollten wir zum jetzigen Zeitpunkt Abstand von teuren Abfindungsangeboten nehmen und eher über die natürliche Fluktuation und Altersteilzeit Strukturen anpassen. Dazu brauchen wir einen langfristig orientierten Plan, wie wir mit einem wahrscheinlichen Rückgang unserer Kapazitäten umgehen wollen.
Eines hilft dabei sicher nicht: Schulungskonzepte für Führungskräfte, die zum Ziel haben, Kolleginnen und Kollegen rauszudrücken. Daher fordern wir den Vorstand auf, die Unterlagen entsprechend anzupassen und sich zu einem fairen Umgang miteinander zu bekennen.
Michael Brecht
Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats
Ergun Lümali
Stellvertretender Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats
Links:
StN: Daimler schult Chefs für Trennung von Mitarbeitern
Letzte Änderung: 07.06.2020