"Gestatten, Elektromobilität"

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24.09.2012 Expertenrunde aus Politik, Wirtschaft und Verbänden diskutiert am 20. September in der ständigen Vertretung des Landes Baden-Württemberg in Berlin.

Die Automobilindustrie im Wandel

"Gestatten, Elektromobilität"

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Baden-Württemberg will auch in Zukunft Spitzencluster der Automobilindustrie sein. Die politischen und betrieblichen Akteure im Land stehen daher vor der Herausforderung, den technologischen Wandel hin zu alternativen Antrieben erfolgreich zu begleiten und zu fördern. Wie dies sinnvoll im Interesse der Beschäftigten und Bürger im Land gestaltet werden kann, war Gegenstand der Debatte einer Expertenrunde am 20. September 2012 in der ständigen Vertretung des Landes Baden-Württemberg in Berlin.

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Landesminister Peter Friedrich und IG Metall-Bezirksleiter Jörg Hofmann hatten Franz Loogen, Geschäftsführer der e-mobil BW GmbH, Florian Rothfuss, Leiter des Competence Center Mobility Technologies beim Fraunhofer Institut, und Erich Klemm, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Daimler AG, dazu eingeladen, mit ihnen diese Frage zu diskutieren. Die Runde wurde moderiert von der Hörfunkjournalistin Uschi Götz. Das Publikum - rund 70 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Verbänden - erlebte an diesem Abend, wie sich die Experten aus ihren unterschiedlichen Blickwinkeln möglichen gemeinsamen Antworten näherten.

Minister Peter Friedrich nannte in seiner Begrüßungsrede die Nationale Plattform Elektromobilität und die Förderung des Helmholtz-Instituts für Batterieforschung in Ulm als Beispiele wirkungsvoller Förderung der technologischen Entwicklung durch die Politik. Friedrich ist im Landeskabinett zuständig für Bundesrat, Europa und Internationale Angelegenheiten.

In einem Impulsreferat machte Franz Loogen deutlich, wie wichtig es für den Erhalt des Spitzenclusters Südwest sei, nun rasch Ideen zur Senkung der Kosten alternativer Antriebe zu identifizieren. Seine zentrale Botschaft: "Wir wissen, was wir wissen sollen, jetzt müssen wir in Mengen kommen", das heißt, Elektromobilität muss bezahlbar und in größeren Stückzahlen für den Markt verfügbar werden. "Wir sehen uns in einer Phase in der es gilt, Elektromobilität zu erforschen und erlebbar zu machen." Dazu biete das Schaufenster Elektromobilität Baden-Württemberg - das LivingLab BWe mobil - mit 40 ineinandergreifenden Projekten hervorragende Möglichkeiten. Loogen hob die neue Rolle der IG Metall im Rahmen des Schaufensters Elektromobilität hervor: erstmals übernehme die Gewerkschaft die Leitung in einem Projektverbund. Dabei geht es um Qualifizierungsfragen, die die neue Technologie aufwirft. Er dankte ausdrücklich Jörg Hofmann und seinem Team für dieses Engagement.

Florian Rothfuss erläuterte in einem zweiten Impulsreferat die Ergebnisse der vom Gesamtbetriebsrat der Daimler AG initiierten ELAB-Studie. Drei namhafte Forschungsinstitute - darunter das Fraunhofer-Institut - haben rund zwei Jahre lang die Auswirkung des technologischen Wandels auf die Beschäftigung untersucht. Fazit des Forschers Rothfuss: "In jedem den von uns herangezogenen Szenarien, wird die Beschäftigung in der Branche insgesamt steigen." Montagetätigkeiten werden gegenüber verformenden Tätigkeiten zunehmen und innerhalb der Wertschöpfungskette wird es Verschiebungen geben. Allerdings sei der Aspekt, wo die Komponenten alternativer Antriebe industrialisiert würden, nicht Gegenstand der Studie gewesen.

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Genau an dieser Stelle hakten die Gewerkschafter in der auf die Impulsreferate folgenden Diskussion ein. Jörg Hofmann und Erich Klemm erklärten, dass sie auf politischer und betrieblicher Ebene für die Industrialisierung der Elektromobilität in Baden-Württemberg - respektive an den Mercedes-Benz Standorten - streiten werden. Die Frage, ob der technologische Wandel in der Automobilindustrie zur Chance oder zum Risiko für die Beschäftigten in Baden-Württemberg wird, werde in den Unternehmen des Landes beantwortet. Klemm betont, dass dafür die Fertigungstiefe an den deutschen Standorten ausschlaggebend sei. Hofmann befürchtet, dass weniger in die Optimierung des konventionellen Antriebs investiert werde.

Einig war sich die Runde darin, dass die neue Technologie keine neuen Ausbildungsberufe oder Studiengänge erfordere. Ausreichend sei eine Ergänzung der bestehenden Angebote durch spezielle Module. Die Fragen von Uschi Götz, ob die technologische Entwicklung etwa durch den zu erwartenden Facharbeitermangel oder durch eine eventuell heraufziehende Krise gehemmt werden könne, wurden von der Runde angesichts der noch entfernten Zeithorizonte weitestgehend verneint. Minister Peter Friedrich versicherte, dass dem Fachkräftemangel auch auf politischer Ebene durch die Erschließung von Reserven entgegengesteuert werde - z.B. durch verbesserte Anerkennung ausländischer Abschlüsse, Abschaffung der Studiengebühren und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Franz Loogen formulierte am Ende als gemeinsames Ziel eine dreifache Nachhaltigkeit: Es müsse gelingen, ökologische Nachhaltigkeit mit hoher wirtschaftlicher Solidität, also "brummenden" Fabriken und sozialer Nachhaltigkeit zu verbinden. Soziale Nachhaltigkeit heiße, dass Mobilität auch in Zukunft bezahlbar und daher für alle zugänglich ist.

Letzte Änderung: 24.09.2012