Berthold Huber in Sindelfingen
Berthold Huber informierte die Beauftragten über geplante bundesweite Proteste und begründete deren Notwendigkeit:"Wenn sich also die 'normalen' Beschäftigten an Aktionen am 24. Februar zur Einschränkung der Leiharbeit und für gleiche Bezahlung beteiligen, verteidigen sie ihre ureigensten Interessen. Sie sichern ihr eigenes Arbeitsverhältnis, ihre Arbeitszeit und ihre Bezahlung. Zugleich üben sie praktische Solidarität mit ihren Kolleginnen und Kollegen. Ich glaube, das müssen wir als Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter deutlich machen."
Rolle der IG Metall in der Krise
Berthold Huber erinnerte daran, dass die IG Metall die Bundesregierung zu einem Konjunkturprogramm gedrängt hatte und die "Verlängerung der Kurzarbeit durchgesetzt" hat. Huber weiter: "Weil wir die Beschäftigung gehalten
haben, konnte es auch schneller wieder nach oben gehen." Schon in der Krise haben Metaller einen Kurswechsel gefordert. Doch wer jetzt auf Einsicht von Unternehmern und Regierung stellt fest: "Wenig dazugelernt."
Schamgrenzen bei Leiharbeit sind längst gefallen
Inzwischen haben wir schon 100.000 Leiharbeiter mehr als vor der Krise. Leiharbeit wird "längst nicht mehr in der Spitze eingesetzt, sondern in der Breite."
Kostensenkung und 'mobile Reservearmee'
Unternehmervertreter sprechen längst ungeniert von regulären Kostensenkungsmaßnahmen: "Es geht darum. Personalkosten zu kürzen und damit die Einkommen. So wird der Kündigungsschutz unterlaufen und die tariflichen
und betrieblichen Regelungen." Berthold Huber kritisierte, dass eine 'mobile Reservearmee'; "mit eigenen Arbeitsbedingungen und Tarifverträgen" entsteht.
Verschlechterungen für alle
Den Riss durch die Gesellschaft könnten wir künftig auch in Betrieben haben. Er warnte, dass eine Spaltung "letztlich für alle zu Verschlechterungen" führt. Keiner sollte sagen: "Ich habe einen sicheren Arbeitsplatz,
was geht mich die Leiharbeit an."
Neueinstellungen und Bezahlung
Eine Umfrage unter Betriebsräten im vergangenen Herbst hat gezeigt: 43 % der Neueinstellungen sind Leiharbeiter, 42 % befristet, nur 15 % unbefristet. "Leiharbeiter verdienen im Durchschnitt nur etwa halb so viel wie
Festangestellte. Jeder Achte muss aufstocken und Hartz-IV in Anspruch nehmen." Auf diese Weise werden "die Fundamente unseres Tarifsystems" untergraben.
Was macht die Politik?
Ab 1. Mai gilt in der EU die Freizügigkeit für Arbeitskräfte aus den osteuropäischen Ländern. Der jetzige Gesetzesentwurf zur Leiharbeit sei eine Zumutung. "Keine Gleichbezahlung, keine Höchstdauer, kein
Mindestlohn. Damit lassen wir uns nicht abspeisen!" Im Bundesrat hat die Regierung angeboten: Gleichbezahlung erst nach 9 Monaten. "Dieses Angebot ist einfach unseriös", da bei 60 Prozent der Leiharbeiter die Beschäftigung
nicht einmal 3 Monate dauert. Unsere Arbeit ist etwas Wertvolles. Es geht nicht an, dass Menschen von ihrer Arbeit nicht leben können. Wir wollen gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit.
Wildwuchs an Werkverträgen
"Mittlerweile gibt es einen Wildwuchs an Werkverträgen..., dessen Größenordnung schwer zu durchschauen ist." Wichtig ist, dass " wir in Zukunft eine größere Transparenz und mehr Einfluss der Betriebsräte in
den aufnehmenden Betrieben bekommen."
Die jungen Menschen im Blick haben
Wir müssen auch die jungen Menschen im Blick haben. In der Metall- und Elektroindustrie werden mittlerweile drei Viertel nur noch befristet übernommen. Was mal als Ausnahme gedacht war, ist heute zur Regel geworden. "Es ist
eine Schande für einen Staat, dessen wertvollster Rohstoff in qualifizierten Menschen besteht, jungen Leuten eine solche Perspektive anzubieten."
Fazit
"Wir sind auf einem guten Weg, aber wir brauchen einen langen Atem. Der 24. Februar ist nicht nur ein Aktionstag gegen die Leiharbeit. Letztlich geht es darum, ob wir den Marktradikalismus in seine Schranken weisen und die Entwicklung
Schritt für Schritt in eine vernünftigere Richtung lenken können.
Bei den Aktionen gegen Leiharbeit am 24. Februar sollten wir im Auge behalten: Es geht immer auch um unsere Tarifverträge, um die Sicherheit der Arbeitsplätze, um unseren Sozialstaat. um die ganze Richtung, in die unser Land
gehen wird. Das sollte niemandem gleichgültig sein."
Letzte Änderung: 18.02.2011