Kurswechsel für mehr Gerechtigkeit!
Sparpaket
"Sozial ausgewogen" ist das Sparpaket, erklärt uns die Bundesarbeits- und sozialministerin von der Leyen. Die Begründung, die man aus Regierungskreisen hört, lautet: Nicht nur die Arbeitslosen müssen bluten, "auch die
Wirtschaft würde ihren Beitrag" leisten. Schaut man sich die Haushaltsaufstellung der Regierung an, dann sieht man: Es sind in den nächsten 4 Jahren rund 30 Milliarden Minderausgaben im Sozialbereich geplant, aber auch knapp 20
Milliarden Euro Mehreinahmen durch "höhere Unternehmenssteuern". Worüber die Bundesregierung allerdings nicht so gern redet: Zusatzbelastung der Wirtschaft bedeutet, dass die Atomkraftwerksbetreiber ihre längst
abgeschriebenen Meiler länger laufen lassen und dadurch riesige Extraprofite einfahren. Und ein kleiner Teil dieser Extraprofite wird durch eine Steuer abgeschöpft. Übrig bleibt mehr als genug.
Anders als bei den Langzeitarbeitslosen. Denen wird z.B. das Elterngeld gestrichen, der Heizkostenzuschuss und ihre Rentenansprüche. Besonders bedenklich: Wer nach maximal zwei Jahren Arbeitslosigkeit in "Hartz IV" musste, erhielt
immerhin im ersten Jahr von "Hartz IV" zusätzlich noch einen Zuschlag von 160 Euro monatlich und 80 Euro monatlich im zweiten Jahr. Dieser Zuschlag wird nun gestrichen.
Das allein zeigt schon, was die Bundesregierung unter Gerechtigkeit versteht: Wenn 40 Mitglieder der vermeintlichen Elite dieser Gesellschaft eine Zeitungsanzeige aufgeben und eine Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke
verlangen, dann springt sie. Wenn aber ein immer größerer Teil der Gesellschaft in Armut, Niedriglöhne und Leiharbeit gerät, dann stehen Regierungsmitglieder bestenfalls tatenlos daneben. Gerecht geht anders.
Diese Politik richtet sich nicht "nur" gegen Arbeitslose, sondern auch gegen die Stammbelegschaften. Zum einen kann Arbeitslosigkeit auf mittlere Sicht grundsätzlich jeden treffen. Zum anderen: Es geht auch darum, die jetzigen
Arbeitslosen mit dem "Sparpaket" noch weiter unter Druck zu setzen. Nach dem Motto: Wir machen den Arbeitslosen das Leben solange zur Hölle, bis sie bereit sind, zu Niedriglöhnen zu arbeiten. Die Folge: Die Konkurrenz
gegenüber den Stammbelegschaften verschärft sich. Dann wird es schwieriger die bisherigen Löhne und Arbeitsbedingungen der Stammbelegschaften zu verteidigen und weitere Verbesserungen durchzusetzen.
Hinzu kommt: Das Sparpaket ist auch volkswirtschaftlich verfehlt. Die Binnenkaufkraft muss gestärkt werden. Doch mit den Maßnahmen der Bundesregierung tritt der gegenteilige Effekt ein: Wer es den Ärmsten nimmt, um es
denjenigen zu geben, die ihr Geld auf den internationalen Kapitalmärkten investieren, schwächt die Kaufkraft im Land. Diese Politik gefährdet den Aufschwung der Wirtschaft.
Das Sparpaket sollte man sich sparen. Wer wirklich Schulden im Staatshaushalt abbauen will, muss die Einnahmen erhöhen, indem er die Steuern erhöht. Und zwar nicht bei Facharbeitern und Rentnern, sondern bei denen, die es
haben. Warum keine Millionärssteuer oder Börsenumsatzsteuer?
Dass die Bundesregierung keine Politik zum Schutz der Beschäftigten betreibt, verdeutlichen zwei weitere Projekte: Die sogenannte Gesundheitsreform und die Rente mit 67.
Gesundheitsreform
Bei der sogenannten Gesundheitsreform steht die zusätzliche Belastung der Versicherten im Vordergrund. Bereits die Vorgängerregierungen hatten das Prinzip der Halbe/Halbe -Finanzierung von Arbeitgebern und Versicherten
(Parität) in der Krankenversicherung aufgegeben. Nun hat Gesundheitsminister Rösler (FDP) und seine Koalition haben noch einen drauf gesetzt: Der Anteil, den die Arbeitgeber zu Finanzierung der Gesundheitskosten aufzuwenden
haben, wird eingefroren. Aber die Belastung für die Versicherten wächst weiter, wenn die Kosten steigen. Fehlt einer Krankenkasse Geld, nimmt sie Zusatzbeiträge von den Versicherten. Solange bis die Kosten gedeckt sind.
Zwar soll es einen sogenannten Sozialausgleich geben. Doch dieser deckt die Mehrkosten im Durchschnitt nicht ab. Gerecht geht anders.
Die Alternative liegt auf der Hand. Wir brauchen eine Bürgerversicherung für alle. Schrittweise müssen alle Bürgerinnen und Bürger in die gesetzliche Krankenversicherung überführt werden. Und es muss
das Prinzip gelten: Wer mehr verdient, muss auch mehr einzahlen. Und die Parität muss wieder hergestellt werden. Wenn man dann noch dafür sorgt, dass die Pharmaindustrie und andere Leistungsanbieter im Gesundheitssystem keine
Phantasiepreise nehmen dürfen, dann wäre das Gesundheitssystem gerecht und halbwegs preiswert finanziert.
Rente mit 67
Die Rente mit 67 ist nicht die Erfindung von "schwarz-gelb", wir verdanken sie der Großen Koalition und insbesondere Franz Müntefering (SPD). Das könnte die jetzige Regierung zum Anlass nehmen, sich ohne Gesichtsverlust
von diesem Projekt zu verabschieden. Tut sie aber nicht. Im Gegenteil. Volker Kauder, CDU/CSU-Fraktionsvositzender erklärt, dass er an der Rente mit 67 festhalten will.
Dabei sprechen die Zahlen völlig dagegen: Heute arbeiten nur noch ca. 6 Prozent der 64-jährigen in sozialversicherungspflichtiger Vollzeit. Fast die Hälfte aller Beschäftigten fürchtet, nicht bis zum heute
gültigen Rentenalter durchzuhalten. Für die allermeisten stellt sich die Rente mit 67 als weitere Rentenkürzung dar. Wer künftig mit 65 in Rente geht, erhält - je nach Geburtsjahrgang - Abschläge bei der
Rente, die bis zu 7,2 Prozent ausmachen können. Wer noch vor 65 geht, läuft sogar Gefahr, noch höhere Einbußen hinnehmen zu müssen. Das alles nach Angaben der Bundesregierung, damit der Rentenversicherungsbeitrag
im Jahr 2030 um 0,5 Beitragssatzpunkte niedriger ausfällt. Diese Politik ist eine Politik, um die Arbeitgeber zu entlasten und die private Versicherungswirtschaft zu fördern. Gerecht geht anders.
Die Alternativen sind auch hier klar. Wir wollen eine Erwerbstätigenversicherung, die alle, auch Selbstständige, Freiberufler und Beamte, in die gesetzliche Rentenversicherung einbezieht. Wir wollen eine Anhebung der
gesetzlichen Rente statt ihrer weiteren Absenkung, Betriebsrenten für alle und einen flexiblen Ausstieg bis 65 statt Rente mit 67. Und wir brauchen im Moment die Möglichkeit, nach 40 Versicherungsjahren abschlagsfrei mit 60 in
Rente gehen zu können.
Perspektive
Die Herbstaktionen werden nicht der Endpunkt sein. Wir müssen, zusammen mit anderen Gewerkschaften, mit Sozialverbänden, Initiativen und weiteren Bündnispartnern deutlich machen: Es geht uns um einen grundlegenden Kurswechsel.- Gegen eine Politik, die die Wirtschaftsinteressen in den Vordergrund stellt und die Demokratie missachtet. Und wir werden erst Ruhe geben, wenn dieser Kurswechsel geschafft ist. Die Herbstaktivitäten sind dabei ein Schritt auf unserem Weg.
Letzte Änderung: 17.11.2010