Brisant November 2020
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
erst flächendeckende Arbeitszeitreduzierung im indirekten Bereich (MV und MPn) und jetzt die nächste Bombe: die Personalleitung hat angekündigt, die unbefristeten 40 Stunden-Verträge auf Ebene der Sachbearbeiter zum 31. März 2021 zu kündigen. Wir halten es als Betriebsrat für völlig falsch, dass das Unternehmen jetzt diesen Schritt geht. Immer mehr, soll die gleiche Arbeit in weniger Zeit erledigt werden. Angesichts der anstehenden Zukunftsthemen und Transformation ist dies ein Fehler - insbesondere in Forschungs- und Entwicklungsbereichen.
Dem Gesamtbetriebsrat wurde die Ankündigung vom Personalvorstand lediglich mitgeteilt - eine Mitbestimmung haben wir als Arbeitnehmervertretung hierbei nicht. Wir sind enttäuscht, dass die betroffenen Kolleginnen und Kollegen die nächste bittere Pille schlucken müssen. Und dann noch verpackt in eine schmallippige Massenmail an die Führungskräfte. Diese fragwürdige Unternehmenskultur und Kommunikation schadet sowohl den Betroffenen als auch massiv dem Unternehmen selbst. Wir sind zudem der Auffassung, dass die Wirkung der bereits vereinbarten Kostensenkungsmaßnahmen hätte abgewartet werden müssen.
Darf der Arbeitgeber die Verträge überhaupt einseitig kündigen? Muss da nicht vorher der Betriebsrat zustimmen?
Klare Antwort: Ja, sie dürfen das. Und zwar ohne vorherige Abstimmung mit dem Betriebsrat oder der IG Metall. Die Regelarbeitszeit in tarifgebundenen Metall- und Elektrobetrieben beträgt 35 Stunden. Für eine bestimmte Anzahl an Beschäftigten kann der Arbeitgeber 40-Stunden-Arbeitsverträge gemäß Tarifvertrag vereinbaren. Dies geschieht freiwillig, es besteht kein Anspruch darauf. Gleichzeitig besteht sowohl arbeitgeber- als auch arbeitnehmerseitig die Möglichkeit, 40 Arbeitsstunden mit einer Ankündigungsfrist von 3 Monaten auf 35 Arbeitsstunden zu reduzieren. Eine Zustimmung der anderen Vertragspartei braucht es nicht.
Vielen Beschäftigten ist nicht bewusst, dass sie auf freiwilliger Basis einen 40-Stunden-Arbeitsvertrag geschlossen haben. In einigen Fällen wurden sie bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrags nicht aufgeklärt bzw. im Glauben gelassen, es handele sich dabei um eine dauerhafte Vereinbarung. Wir verstehen die Sorgen von Betroffenen, wenn durch den Wegfall von fünf Arbeitsstunden finanzielle Einbußen und Engpässe entstehen.
Gerade Beschäftigte mit erhöhter wöchentlicher Arbeitszeit größer 35 Stunden haben diese in der Vergangenheit nicht ohne Grund vom Unternehmen angenommen. Besondere Aufgaben, Funktionen, Projekte haben dies bisher begründet. Uns ist bisher nicht bekannt, dass diese Begründungen von jetzt auf gleich entfallen sind. Ebenfalls war es in der Vergangenheit das Unternehmen, welches darauf gedrängt hat, mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit (> 35 Stunden pro Woche) zu etablieren. Jetzt wird vom selben Unternehmen zurückgerudert. Das passt nicht mehr zusammen! Vielmehr steht jetzt Leistungsverdichtung im Vordergrund.
Daimler zeigt jetzt sein wahres Gesicht: Und wenn wir nicht aufpassen, sind solche Vorgehensweisen erst der Anfang. Mit einer starken IG Metall werden wir um unsere Tarifverträge kämpfen und uns mit aller Kraft dafür einsetzen, dass die vielfältigen Herausforderungen nicht auf Eurem Rücken ausgetragen werden.
Darauf könnt Ihr Euch verlassen!
Ergun Lümali
Betriebsratsvorsitzender
Stefan Heinzl
Stellv. Betriebsratsvorsitzender
Letzte Änderung: 19.11.2020